Heftige Herausforderungen, berührende Momente und nachhaltige Highlights hielten sich die Waage. All das gehört zum Alltag der Offenen Jugendarbeit im urbanen Langenthal. Im Jahresbericht 2016 erklärt sie ein paar Etappen im Detail.
Den ganzen Jahresbericht gibt es hier: Jahresberichte
ToKJO: Wie hat sich 2015 der Jugendtreff neon mit dem Jugendkulturstall in Langenthal entwickelt?
Franziska Möri: Der Jugendtreff war im letzten Jahr kein einfaches Pflaster. Obwohl viele Besuchende zu verzeichnen waren, gab es leider auch viele Probleme, u.a. wurden Fenster zerstört und es wurde eingebrochen. Gute Zeiten und schlechte Zeiten gaben sich die Hand.
Das Jahr starteten wir mit neuen Öffnungszeiten: Mittwoch-, Freitag- und Sonntagnachmittag war der Treff geöffnet. Aufgrund verschiedener Zwischenfälle wurde der Treff im Februar sowie im Mai kurzfristig und vorübergehend geschlossen. Mit klärenden Gesprächen konnte jedoch ein Prozess in Gang gebracht werden, der als Basis für die Zusammenarbeit mit den schwierigen Jugendlichen diente. Wie ich finde: explizit eine der Kernaufgaben von ToKJO. Daraus entstand auch das Projekt «Tafelei».
Der Sonntagstreff wurde dafür geschlossen. Im warmen Frühling sind als Highlights die Tischtennisnachmittage im Freien zu nennen und das abendliche Grillieren.
Im Treff selbst wurde vor allem laut Musik gehört, aber auch gespielt: Fragespiele, bei denen man viel übereinander erfahren konnte oder Gemeinschaftsspiele. Natürlich wurde viel «getöggelet» und Billard gespielt. Wichtig und wertvoll fand ich die zahlreichen Gespräche mit den Jugendlichen über «Gott» und die eigene Lebenswelt. Im Sommer war der Treff an vielen Nachmittagen geschlossen. Das Treff-Team besuchte die Jugendlichen stattdessen in der Badi. Wir waren dort mit einer Slackline präsent. In der Zeit zwischen den Sommer- und Herbstferien wurde dem Treff dann ein neues Kleid verpasst. Er blieb in dieser Zeit geschlossen.
Die Tafelei war ein besonderes Projekt, wie sah dieses aus?
Ursprünglich war die Idee der Tafelei folgende: Am Freitagabend sollte als Ergänzung zum Treff ein konkreteres Projekt die Jugendlichen einbinden, verpflichten, aktivieren und ihre Selbstverantwortung stärken. Konkret bedeutete dies, gemeinsam einzukaufen, ein preisgünstiges, einfaches und gesundes Menü zu kochen, danach zu «tafeln», und anschliessend aufzuräumen. Während des Essens sollen aktuelle Themen besprochen werden. Dies können politische oder kulturelle Tagesaktualitäten, aber auch Ereignisse aus dem Leben der Teilnehmenden sein. Das Angebot dieser Tafelei war zuerst für alle Jugendlichen gedacht, aufgrund der schwierigen Situation mit einigen von ihnen beschränkten wir uns schliesslich auf diese Zielgruppe. Die Tafelei fand dann von Februar bis Juli 2015 statt.
Wie liefen die verschiedenen Tanzprojekte?
Die beiden Hiphoptanzkurse bei Katarina Socha, die nun schon seit einigen Jahren jeweils am Donnerstagabend ein Angebot von ToKJO im Kulturstall sind, fanden nach wie vor Anklang. Besonders bei den jüngeren TänzerInnen waren recht hohe TeilnehmerInnenzahlen zu verzeichnen. An der Stage Parade im Februar im Stadttheater sowie am Weltspieltag auf dem Wuhrplatz hatten zudem beide Gruppen, die jüngeren wie die älteren TänzerInnen, einen Auftritt, worauf sich alle sehr freuten. Mit einem grossen Applaus von vielen Eltern, Geschwistern und anderen Zuschauenden wurden die beiden Gruppen an beiden Anlässen für ihre Show belohnt.
Zudem gab es am Weltspieltag mit einer kleinen Tanzshow von Huy Luong einen kleinen Werbeblock zu einem neuen Tanzangebot für Jungs, das ab August im Kulturstall jeweils am Dienstagabend hätte stattfinden sollen. Leider konnte sich dieses Breakdance- und Hiphopangebot in der zweiten Jahreshälfte 2015 noch nicht etablieren. Ende Jahr kam am Dienstagabend ein weiterer Kurs hinzu, geleitet von Arturo Zuniga Hernandez: Capoeira, eine Mischung aus Tanz und Kampfkunst, die ihren Ursprung in Brasilien hat. Ein Ziel für 2016: die Tanzangebote von ToKJO noch bekannter zu machen. Ein Vorteil der Tanzangebote bei ToKJO im Vergleich zu anderen Kursen: sie kosten nur fünf Franken pro Stunde und stehen für alle Jugendlichen offen, vor allem auch für Anfängerinnen und Anfänger.
Konnte sich das KULT im Langenthaler Jugendhaus etablieren?
Das KULT ist ein ToKJO-Angebot für Jugendliche ab 16 Jahren. KULT steht für Jugendkultur und umfasst verschiedene Formen: Jeweils am Freitagabend ist die KULT-Bar von 20:30 bis 00:30 Uhr geöffnet und wird von einem kleinen Team Jugendlicher geführt.
Neben diesem konstanten Angebot organisierte oder unterstützte das KULT-Team verschiedenste Anlässe: Konzerte (The Late Night Show, The Bacons), KULT-Kinos, die Aufführungen der Theatergruppe Shnawaria, eine Halloweenparty usw.
Im Januar richteten die Jugendlichen die KULT- Bar neu ein mit Möbeln aus der Brockenstube. Die Herbstferienzeit wurde vom KULT-Team für einen Putz- und Aufräumtag genutzt. Das Lager wurde ausgemistet, die Wände in der Bar erhielten einen neuen Anstrich und der neue abschliessbare Schrank wurde installiert. Einmal pro Monat fand eine Sitzung des 5-köpfigen Teams statt. Die KULT-Bar hat inzwischen ein Stammpublikum, würde sich aber sicher über noch mehr Besuchende oder aktiv mitmachende Jugendliche freuen.
Was hat es mit den KULT-Kinoabenden auf sich?
Die Idee mit dem KULT-Kino kam mir, als mich ehemalige Schülerinnen und Schüler der Quartas am Gymer fragten, ob ich nicht wieder einmal den Film «Harold and Maude» zeigen könne. Das ist ein Kult- Film aus den Siebzigern, den ich seit 2003 in allen Quarta-Klassen zeige und der die Gemüter immer sehr bewegt. So startete die KULT-Kinoreihe auch mit eben diesem Film.
Der Kulturstall wird speziell eingerichtet: mit Sofas, Sesseln, Liegestühlen und Kerzenlicht. Die Filme beginnen jeweils um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Dieses Angebot richtet sich in erster Linie an Jugendliche ab 16 Jahren und junge Erwachsene. Im letzten Jahr waren u.a. diese Filme zu sehen: «Pulp Fiction», «Trainspotting», «Fear and loathing in Las Vegas», Monty Pythons «Life of Brian» und «Der Schuh des Manitu».
Dein persönliches Highlight im vergangenen Jahr?
Das war für mich sicher das KULT- TAG & NACHT: «Für Filmfans, Musiker, Barkeeperinnen, Schauspieler, EventmanagerInnen, Hobbylose, Partylöwen, KULTurbanausen, Zahlenjonglierer, Nachteulen, TanzbeinschwingerInnen, – für junge Menschen ab 16 Jahren, die gerne etwas bewirken», wie ich es auf dem Flyer formuliert hatte.
Am 29./30.August 2015 hatte das KULT – die Bar ab 17 – seine Türen fast rund um die Uhr geöffnet. Am Samstagnachmittag starteten wir um 14 Uhr mit einer kleinen Zukunftswerkstatt für Jugendliche, die das Langenthaler Jugendkulturleben gerne aktiv mitgestalten möchten. Mit dabei war dann zwar nur das bestehende KULT-Team, dieses aber mit grossem Engagement. In einem offenen Brainstorming skizzierten sie eine neue «Wohlfühlbar», danach wurde festgehalten, was im nächsten halben Jahr umgesetzt werden soll.
Um 17 Uhr öffnete dann die KULT-Bar ihre Türen, der Pizzaofen wurde eingefeuert, Zutaten bereitgestellt und das KULT-Kino im Kulturstall eingerichtet. Um 19.30 Uhr startete dann die KULT-Kinonacht mit den sechs «Star Wars»-Filmen. Morgens um 7 Uhr endete die lange Filmnacht mit Episode Nr. 5. Drei Personen von anfänglich ca. 20 BesucherInnen hielten bis zum Ende durch! Nur mit Mühe konnten sie jedoch die Augen noch aufbehalten…
Dazu das stetige Highlight meiner Arbeit an sich: Die Offenheit und das Vertrauen, das uns die Jugendlichen entgegenbringen!
Haben sich Ziele nicht erfüllt?
Die neuen Tanzangebote vom Dienstagabend fanden noch zu wenig Anklang. Die Tafelei wurde nicht wie geplant und erwünscht zu einem offenen Projekt, sondern beschränkte sich auf eine bestimmte Gruppe.
Wurde der neu gestaltete Aussenbereich des Jugendhauses wie erhofft genutzt?
Ja, die neue Aussenanlage wurde von verschiedensten Gruppen rege benutzt. Ich denke, der Grill war noch nie so oft in Betrieb wie im letzten Jahr. Zum Teil kamen Jugendliche am Abend und grillierten für sich. Es gab auch Schulklassen, die sich hier zur Abschlussfeier getroffen haben.
Welche Projekte erwarten uns im kommenden Jahr von Dir?
Zehn Mal Kult-Kino, eine Retraite des Kult-Teams, DJs in der KULT-Bar, Konzerte im Kulturstall und openair. Das 2016 wird «kultig» – wir haben uns viel vorgenommen.
Auf welches Highlight freust du dich ganz besonders?
Nicht nur auf eines! Sondern auf all jene kleinen und grossen Momente,in denen im Kulturstall Jugendkultur gelebt wird. Sei dies bei Konzerten oder Partys oder anderen jugendkulturellen Projekten. Ich freue mich darauf, diese Momente begleiten und mittragen zu dürfen.
Wo setzt du 2016 persönlich Prioritäten?
Seit September 2015 schon bin ich in der Aufssuchenden Jugendarbeit draussen unterwegs. In diesem Bereich werde ich mich weiterbilden, und es ist mir ein Anliegen, zusammen mit Matthias Ott im 2016 so möglichst viele Jugendliche in Langenthal zu erreichen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Auch auf die Beratung von Jugendlichen setze ich meine Priorität. Und in den Aufbau eines neuen KULT- Teams.
Gibt es Angebote, die wir vergeblich in deiner Planung suchen?
Eine mobile Jugendbar, die man an verschiedenen Standorten in Langenthal den Sommer über betreiben könnte. Vielleicht ist das etwas fürs Jubiläumsjahr 2017…
C’est noté! Nenne uns zum Schluss aber auch einen Termin, den wir uns für 2016 merken müssen.
Der 22. Juni: Das letzte KULT-Kino vor der Sommerpause mit Grill-Party und dem Film «Sonnenallee»�